Seit ein paar Jahren schaue ich mir Filme und Fernsehserien ausschließlich im Originalton an. Da dies bei für mich interessantem Material größtenteils Englisch ist, beziehe ich mich in diesem Artikel nur hierauf. Am Anfang war es noch etwas ungewohnt und „anstrengender“, da ich mich mehr konzentrieren musste. Dies verging aber schnell und ich bin schon länger an einem Punkt angekommen, wo der Originalton für mich selbstverständlich ist und ich mir synchronisierte Versionen einfach nicht mehr anschauen möchte, weil mich zu vieles daran stört.

Es fängt schon bei der Übersetzung an. Viele Formulierungen lassen sich einfach nicht optimal ins Deutsche übersetzen. Besonders Wortspiele können teilweise überhaupt nicht übersetzt werden, wie folgende Beispiele:

In der Star-Wars-Parodie Spaceballs gibt es in einem Raumschiff die Meldung „They jammed our radar!“, was zunächst richtig übersetzt wurde mit „Sie haben unser Radar blockiert!“. Das Lustige im Film ist allerdings, dass die Blockade mit einem übergroßen Marmeladenglas vorgenommen wurde, denn „jam“ kann auch „Marmelade“ heißen. Dieser Aspekt ist bei aller Mühe einfach nicht ins Deutsche zu übertragen.

Bei Pulp Fiction wird folgender Witz erzählt: „Three tomatoes are walking down the street – a poppa tomato, a momma tomato, and a little baby tomato. Baby tomato starts lagging behind. Poppa tomato gets angry, goes over to the baby tomato and squishes him… and says, ‚Catch up.'“
Der Witz hängt völlig an dem Wortspiel „catch up“ / „ketchup“ und kann ebenfalls nicht übersetzt werden. Hier kommt hinzu, dass die Erzählerin den Witz in der synchronisierten Fassung zuvor als „schmutzig“ bezeichnet. Im Original sagt sie „corny“, was eher auf einen schlechten Witz oder Kalauer hinausläuft – schließlich ist der Witz nicht schmutzig.

In einer Szene von I, Robot will jemand einem Besucher Kaffee anbieten und es ergibt sich folgender Dialog:
„Sugar.“ – „I’m sorry?“ – „For the coffee. Sugar? – You thought I was calling you ‚Sugar‘. You’re not that rich.“
Auch dies ist kaum zu übersetzen, aber ich finde sie haben mit dem Ersetzen von „Zucker“ durch „süß“ das Beste daraus gemacht. Dennoch ist das entstehende Missverständnis in der deutschen Version nicht so ganz nachvollziehbar.

Auch wenn es passende Übersetzungen gibt, werden hierbei viele kleine Fehler gemacht – und manchmal auch große:

In der Fernsehserie Futurama macht jemand im Jahr 3000 den Vorschlag, bei einem Supercomputer doch mal die „alternative Kontrolllöschung“ zu versuchen. Na? Kommt ihr drauf? Im Original heißt es „Try Alternate-Control-Delete“ (Steuerung-Alt-Entfernen, auch bekannt als „Affengriff„).

Im Science-Fiction-Drama Cocoon gibt es am Ende eine Abschiedsszene, wo ein Boot zu einem Raumschiff nach oben gezogen wird. Eine der Figuren springt dann noch mit den Worten „May the Force be with you!“ vom Schiff ab. Da hat der Übersetzer, dem Star Wars anscheinend kein Begriff ist, wohl lange nachgedacht und sich für folgende Übersetzung entschieden: „Hoffentlich lässt die Kraft nicht nach, die das Schiff hoch zieht.“

Bei Zurück in die Zukunft spielt der Hauptdarsteller spontan mit einer Band und gibt zuvor noch kurze Anweisungen. Im Original sagt er „All right, listen, this is a blues riff in B. Watch me for the changes, and try and keep up, okay?“ und in der Übersetzung wird daraus „Ok, Jungs, hört zu. Das ist ein Blues, Rhythmus B. Achtet auf den Tempiwechsel, der Rest kommt von selbst, okay?“. Aus musikalischer Sicht ist das Quatsch, da in dem dann gespielten Lied kein Tempowechsel vorkommt und ein „Rhythmus B“ nicht existiert (gemeint ist die Tonart B).

Dann werden manche Filme durch die Übersetzung deutlich im Sinn verändert. Im Original sind die Bösen beispielsweise Deutsche (wie bei Die Hard: Hans, Karl und Heinrich), aber für das deutsche Publikum werden daraus einfach neutrale Terroristen oder Russen (im Beispiel Stirb Langsam: Jack, Charlie und Henry – siehe auch hier). Außerdem diskutieren die Terroristen ihre Pläne direkt vor den Gefangenen, da diese sie im Original nicht verstehen können, in der synchronisierten Fassung sprechen jedoch alle deutsch, was mich zum nächsten Punkt bringt.

Wenn in einem englischsprachigen Film Fremdsprachen vorkommen, werden diese bei der Übersetzung oft ebenfalls übersetzt (oder deutsch belassen, falls es im Original Deutsch ist). In der übersetzten Fassung geht dann verloren, dass es ein offensichtliches Verständnisproblem zwischen den Figuren gibt, wie zum Beispiel bei Indiana Jones, Inglourious Basterds oder der Serie Heroes. Ein weiteres Beispiel ist am Ende der Miniserie Band of Brothers zu finden, wo im Original eine deutsche Rede für die zuhörenden Soldaten übersetzt wird. Da die US-Soldaten in der synchronisierten Fassung selbst deutsch reden, ist die Übersetzung im Film hinfällig und so wurden dem Übersetzer kommentierende Worte zu der Rede in den Mund gelegt, die die Wirkung der Szene verändern.

Einer der für mich wichtigsten Unterschiede zwischen Original und Synchronisation ist der Raumklang und die Atmosphäre. Wenn ich in einem laufenden Film die Sprache umschalte, höre ich in der deutschen Fassung immer den sterilen Studio-Klang, wohingegen im Original der ganze Raum mit ins Klangbild einfließt. Der Unterschied zwischen einem kleinen Raum, einem großen Saal oder dem Freien geht durch die Synchronisation oft völlig verloren.

Die Zahl der deutschen Synchronsprecher steht natürlich auch in keinem sinnvollen Verhältnis zur Zahl der Schauspieler. Es ist unglaublich, dass Arnold Schwarzenegger, John Travolta, Sylvester Stallone, Nick Nolte, Dan Aykroyd, Dennis Quaid, John Cleese und Terence Hill alle von Thomas Danneberg gesprochen werden. Umgekehrt haben einzelne Schauspieler in verschiedenen Filmen teilweise auch unterschiedliche Synchronstimmen (zum Beispiel 13 verschiedene für Keanu Reeves) und sogar bei manchen Serien wechseln die Synchronstimmen für einen Schauspieler zwischen den Folgen.

Auch Akzente sind oft ein Bestandteil von Filmen, der die unterschiedliche Herkunft der Figuren aufzeigen soll. Durch die oft einheitliche hochdeutsche Aussprache aller Synchronisatoren geht auch dieser Aspekt verloren, wie zum Beispiel bei der Serie Lost, wo zahlreiche nicht aus den USA Stammende dabei sind und entsprechend viele verschiedene Akzente (unter anderem aus Korea, Irak, Australien, England, Schottland, Frankreich und Nigeria).

Eine weitere Schwierigkeit bei der Übersetzung vom Englischen ins Deutsche ist die deutsche Höflichkeitsform. Zwei sich im deutschen Sprachraum neu kennenlernende erwachsene Personen siezen sich im öffentlichen Umfeld normalerweise zunächst („Es freut mich, Sie kennenzulernen.“), was in englischsprachigen Filmen jedoch nicht zutrifft. Einerseits scheint es dann in der deutschen Version unangemessen, wenn sich zwei Figuren direkt duzen, andererseits aber auch wenn sie sich den ganzen Film über siezen, obwohl sie sich vielleicht sehr nahe kommen. Da ein Wechsel im Original nicht vorkommt, kann dieser bei der Übersetzung höchstens künstlich eingebaut werden, was jedoch je nach Wahl des Zeitpunktes einen ziemlichen Eingriff in die dargestellte Beziehung der Figuren darstellen kann.

Ein Beispiel dafür ist die Serie King of Queens, wo Holly über Jahre hinweg für Spaziergänge mit dem Vater der weiblichen Hauptfigur engagiert wird und von mir auch durchaus als Freundin der Familie empfunden wurde. Dennoch bleibt es hier meiner Ansicht nach unrealistisch lange beim „Sie“.

Noch unverständlicher ist bei der Serie Babylon 5, dass sich die Figuren Sheridan and Lochley siezen, wo der Zuschauer später erfährt, dass sie früher verheiratet waren. Dass dies vermutlich für die Übersetzer zu Beginn nicht bekannt war und zu einer falschen Entscheidung geführt hat, zeigt erneut die Grenzen der Übersetzung auf.

Als letztes Beispiel für die Problematik mit der Höflichkeitsform möchte ich noch die Hauptfiguren der Serie The X-Files (Akte X) nennen, die sehr viel zusammen erleben und sich dennoch über 9 Staffeln hinweg siezen. Erst in den letzten beiden Folgen kommen sie zum „Du“. Hier habe ich außerdem gelesen, dass es in der französischen Version bereits innerhalb der ersten Folge zum „Du“ kommt – also ein ziemlicher Unterschied zwischen der deutschen und der französischen Fassung.

Mittlerweile ist es für mich auch sehr störend, dass in den deutschen Versionen die Lippen logischerweise nicht synchron zum Gesprochenen sind. Das ist mir früher nie aufgefallen, weil ich es eben so gewohnt war. Jetzt, wo ich mir die deutsche Tonspur nur noch gelegentlich zum Vergleich anhöre, fällt mir das extrem auf und ich frage mich, wie mich das früher nicht stören konnte.

Ein ganz verrücktes Thema ist auch die Übersetzung von Filmtiteln in Deutschland. Hier werden meiner Ansicht nach definitiv die schmerzhaftesten aller Übersetzungsfehler gemacht. Ich glaube das ist auf ein ungerechtfertigtes Einwirkungsbedürfnis der Übersetzer zurückzuführen, was ich mir wie in diesen Beispielen oft gar nicht erklären kann:

Conspiracy Theory => Fletcher’s Visionen (auch noch mit falschem Apostroph!)
Forgetting Sarah Marshall => Nie wieder Sex mit der Ex
Wise Guys => Zwei Superpflaumen in der Unterwelt

Besonders lächerlich finde ich es, wenn die Originaltitel in andere englische Titel geändert werden, wie hier:

Scissors => Final Instinct
Black Eagle => Red Eagle
Cradle 2 the Grave => Born 2 Die

Anmerkung: Die Titelübersetzung ist bei einigen dieser Beispiele nicht das einzig Schlechte. Bitte nicht als Filmempfehlungen verstehen. Mehr davon gibt es übrigens in dieser sehr amüsanten Liste.

In Deutschland ist es selbstverständlich, dass in Kino und Fernsehen alles synchronisiert gezeigt wird. In einigen anderen Ländern (zum Beispiel Schweden) werden stattdessen die Filme meist im Originalton mit Untertiteln gezeigt. Dies führt dazu, dass die Bevölkerung im Schnitt besser Englisch kann! Diesen kleinen Bildungsaspekt halte ich für einen weiteren großen Vorteil des Originaltons. Schließlich zählt so ein durchschnittlicher Filmeabend nicht gerade zu den aktivsten Tätigkeiten, da kann man doch zumindest etwas für sein Englisch tun, oder?

Sehr schade finde ich, dass das Angebot an Originalton in Deutschland sehr eingeschränkt ist. In einigen Kinos in meiner Nähe wird überhaupt kein Originalton angeboten und in den übrigen läuft nur ein Film pro Woche in der Originalversion. Im Fernsehen wird auch sehr wenig in dieser Richtung angeboten, dabei wäre es durchaus möglich zwei Kanäle auszustrahlen, wie es früher teilweise schon gemacht wurde. Es kommt mir schon fast so vor, als würde der Originalton dem deutschen Publikum bewusst vorenthalten. Es dauert eine ganze Weile bis Filme hier auf DVD und BD erscheinen. Bei Fernsehserien dauert es oft noch länger, da Staffeln erst komplett veröffentlicht werden. Frühe Bestellungen direkt aus USA werden teilweise durch Regionalcodes unterbunden und bei Serien, die auch auf der Website des Senders verfügbar sind, wird teilweise geprüft aus welchem Land der Aufruf kommt. Interessenten aus Deutschland bekommen dann oft ein „not available in your country“ zu lesen. Hier scheint eine Vereinbarung mit den deutschen Fernsehsendern zu bestehen, dass die Inhalte uns vorenthalten werden müssen, da diese ja auf die Quoten der deutschen Ausstrahlung angewiesen sind. Das grenzt ja schon an Zensur, denn die meisten deutschen Sender bieten den Originalton selbst gar nicht an. Jahrelanges Warten auf das Erscheinen der DVDs oder BDs ist bei Serien keine zufriedenstellende Möglichkeit und nicht alle werden per Video-on-Demand angeboten. Durch die schnelle Verbreitung von Informationen durch Internet und Globalisierung besteht eine hohe Gefahr von Spoilern.

Leider scheint die Nachfrage auch nicht groß genug zu sein, was wohl daran liegt, dass Deutsche eben mit der Synchronisation aufwachsen und sich daran gewöhnt haben. Solange andere Optionen kaum bekannt sind, ist man meist mit dem zufrieden was angeboten wird.

Also: Schaltet doch nach Möglichkeit ab und zu mal die Sprache um, wenn ihr einen Film anschaut, und bildet euch eure eigene Meinung zum Thema.

Zuletzt möchte ich aber auch noch mein Verständnis für die ausdrücken, die kein oder nur wenig Englisch können. In diesem Fall führt kaum ein Weg an der synchronisierten Version vorbei. Einen kompletten Film lang ausschließlich Untertitel lesen und kaum ein gesprochenes Wort zu verstehen würde ich ehrlich gesagt auch nicht wollen. Mit meinen Ausführungen möchte ich niemanden um seinen Filmgenuss bringen, sie sind lediglich für die des Englischen Mächtigen als Aufzeigen einer besseren Option zu verstehen.

Weiterführender Lesestoff findet sich hier:
Artikel zur Synchronisation bei Wikipedia
Website gegen Synchronisation
Artikel zu den Gefahren der Synchronisation bei „USA Erklärt“
Eine kleine Sammlung von Synchronisationsfehlern
Website mit Listen der Synchronsprecher

Nachtrag vom 25.07.2010: Danke für das positive Feedback! Ihr könnt einiges davon unten in den Kommentaren finden. Was mir sonst noch zugetragen wurde, möchte ich hier kurz zusammenfassen.
Als Verständnishilfe können auch Untertitel verwendet werden. Laut dem oben verlinkten Artikel am besten ebenfalls auf englisch, aber wenn bevorzugt natürlich auch deutsch. Bei letzterer Variante sind besonders die Untertitel für Hörgeschädigte zu empfehlen, denn die deutschen Untertitel sind meist noch schlechter übersetzt als der Ton.

Nachtrag vom 11.09.2010: Oben habe ich noch den Absatz über die Höflichkeitsform mit drei Beispielen hinzugefügt.